ver.di-Online-Handlungshilfe
zur Gefährdungsbeurteilung

3. Prozess-Schritt: Sensibilisierung und Information

Möglicherweise zeigte sich auf der (den) Start-Betriebsversammlung(en), dass es zunächst eine Phase der Sensibilisierung und Information geben muss: Beispielsweise, weil viele Fragen offen blieben oder sich eine gewisse Reserviertheit gegenüber der Arbeits- und Gesundheitsschutz-Thematik zeigte.

So kann es sein, dass zwar Probleme offenkundig sind, aber noch der Zusammenhang zu aktiven Lösungsmöglichkeiten fehlt. Oder es bestehen beim Thema Gesundheit Blockaden aufgrund von Vorurteilen oder Unkenntnis - zu denken ist hier besonders an das nach wie vor heikle Thema Psyche. Neben Informationen ist es also besonders wichtig, Zeit und Gelegenheit zu geben, sich mit der Thematik auseinander zu setzen und ggf. zu neuen Haltungen zu gelangen. Neben Angeboten/Veranstaltungen für alle/für Gruppen von Beschäftigten sollte es auch einen geschützten Rahmen für individuelle Nachfragen/Gespräche geben. Umsetzen lässt sich dies durch besonders zum Thema Gefährdungsbeurteilung angesetzte BR-Sprechstunden oder eine Ausweitung der BR-Sprechstungen. Denkbar sind auch Sprechstunden des Steuerungskreises oder die Einrichtung eines Kummerbriefkastens.

Gerade beim Arbeits- und Gesundheitsschutz erleben Interessenvertretungen immer wieder, dass sie ohne ein grundlegendes gemeinsames Verständnis z. B. über die Wichtigkeit anzugehender Schutz- und Präventivmaßnahmen in eine gewisse Abseits-Position geraten („was machen die denn da?“) anstatt Rückenwind für die Durchsetzung beim Arbeitgeber zu erhalten. Die Phase der Sensibilisierung und Information ist also nicht allein wichtig für die Beschäftigten, dafür dass es für sie nachvollziehbar und tragbar ist, sondern auch für die Arbeit und das Agieren des Betriebsrates, sowie den Erfolg dieser Aktivitäten.

Themen in dieser Prozess-Phase könnten sein:

  • Primat der Arbeitsgestaltung
  • Gefährdungsbeurteilungen beurteilen Tätigkeiten und nicht Menschen
  • Folgen lang anhaltender Fehlbeanspruchungen (im Gegensatz zu „das macht mir nichts aus“, „das steck ich locker weg“)
  • Genderperspektive
  • alter(n)sgerechtes Arbeiten: „die Quittung kommt später“ (Zeitabstand von auslösenden Ursachen und Eintreten der gesundheitlichen Probleme)
  • psychische Fehlbeanspruchungen, psychische Erkrankungen
  • Gewalt und traumatische Ereignisse
  • gesetzliche Ansprüche

Die Form der Veranstaltungen ist nicht festgelegt, es müssen nicht zwangsläufig (Teil-) Betriebsversammlungen sein. Wünschenswert ist jedoch, möglichst viele der Beschäftigten zu erreichen. Und das Thema zu setzen!

Über eine solche Einstiegsphase hinaus - hier als Schritt 3 - können die genannten Themen auch in späteren Betriebsversammlungen z. B. als Info- und Austausch-Block erneut oder weitergehend eingebaut werden: So bleibt das Thema lebendig und eventuelle Ressentiments können sich Schritt für Schritt abbauen.

 

Ergebnisse:

Unter den Beschäftigten inklusive dem BR existiert ein Grundverständnis und Grundwissen über die zentralen Themen, so dass auch eine inhaltliche Basis für gemeinsames Handeln besteht.

Diese Phase sollte mit einer erneuten Betriebsversammlung enden, um sich den Auftrag von den Beschäftigten auf dem nun geänderten gemeinsamen Stand zu holen.

 

Materialien zum Prozess-Schritt (Auswahl)



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